Aus Alt(kreisen) mach Neu(gliederung)

Serie „50 Jahre Kreis Soest“ - Teil 1: Die gemeindliche Neugliederung der Altkreise Soest und Lippstadt als Basis für die Entstehung des neuen Kreises Soest

Aus Alt(kreisen) mach Neu(gliederung) – doch wie entstand der Kreis Soest in seiner heutigen Form überhaupt? Wer in alten Unterlagen blättert, entdeckt, dass die Ursprünge der Gebietsreform noch weiter zurückreichen als 50 Jahre. Das Kreisarchiv Soest hat aus seinem umfangreichen Bestand Wissens- und Bemerkenswertes zum Kreis-Jubiläum zusammengestellt. Daraus ist eine dreiteilige Serie entstanden.

In der ersten Folge befasst sich der Autor Kreisarchivar Maximilian Fahrenbach mit den Anfängen der kommunalen Neugliederung und der Entwicklung hin zum neuen Kreis Soest:

Bereits vor 56 Jahren, also 1969, entstand im Rahmen des sogenannten 1. Neugliederungsprogrammes und der Verabschiedung des „Gesetzes zur Neugliederung des Kreises Soest und von Teilen des Landkreises Beckum“ der neu strukturierte Kreis Soest bestehend aus den Großgemeinden Soest, Werl, Wickede (Ruhr), Lippetal, Welver, Bad Sassendorf, Möhnesee und Ense. Die gemeindliche Neugliederung des Alt-Kreises Lippstadt vollzog sich gleichzeitig mit der Kreisneugliederung im 2. Neugliederungsprogramm und trat zum 01.01.1975 mit dem „Münster/Hamm-Gesetz“ in Kraft.

Bewegungsradius der Bevölkerung vergrößerte sich

Doch warum waren die Gebietsreformen in Nordrhein-Westfalen überhaupt aufgekeimt? Dies hing mit mehreren Faktoren zusammen. So hatte auch der zunehmende technologische Wandel Auswirkungen auf Bevölkerung und Wirtschaft in den ländlichen Gebieten. Durch stetig steigende Mobilität vergrößerte sich der Bewegungsradius der Bevölkerung von Gemeindegebieten in das Umland und der „Wunsch nach stärkerer Angleichung an die Lebensverhältnisse der Städte“ verstärkte sich.

Der Ist-Zustand vor den Reformen kennzeichnete sich durch viele kleine und oft leistungsschwache Gemeinden, die dem Auftrag zur Förderung des Wohls der Einwohner nicht mehr nachkommen konnten. Bezogen auf die Vorgänger des heutigen Kreises Soest, gliederte sich der Altkreis Soest in 104 Städte und Gemeinden, der Altkreis Lippstadt in 60 Städte und Gemeinden und das Amt Warstein in sieben Gemeinden. Die Gemeinden hatten entsprechend Budgets von wenigen hundert bis tausend Mark. Beispielsweise standen der aus nur 40 Einwohnern bestehenden, selbständigen Gemeinde Paradiese 1969 insgesamt 19.460 DM zur Verfügung, davon waren 1.300 DM für das Schulwesen eingeplant. Eine grundlegende Veränderung musste her.

Den ersten Aufschlag für solche Veränderungen gab es einige Jahre zuvor schon auf dem 45. Deutschen Juristentag 1964 in Karlsruhe. Aufgrund der dort gestellten Fragen, ob die damalige kommunale Struktur überhaupt noch den Anforderungen der Raumordnung entsprach und sich nicht besser gesetzgeberische Maßnahmen des Bundes und der Länder empfahlen festigte sich der Entschluss, territoriale Reformen im Gemeindebereich zu verwirklichen.

Größere Verwaltungseinheiten waren das Ziel

Übertragen in den Altkreis Soest, erkannte der seit 1954 amtierende Oberkreisdirektor Wilko Freiherr von Wintzingerode früh, dass eine Strukturplanung notwendig sei und ließ bereits 1962 durch den Kreisplaner Grosche einen „Entwurf eines Entwicklungsprogramms für den Landkreis Soest“ erstellen. Auf der höheren Ebene des Landes NRW entwarf eine Sachverständigenkommission des Innenministers das Gutachten „Die Neugliederung der Gemeinden in den ländlichen Zonen des Landes Nordrhein-Westfalen“, mit dem Ziel, größere Verwaltungseinheiten der Ortsebene nach zwei Gemeinde-Grundtypen zu bilden. Gemeinden des Typs A sollten aus 5.000 bis 8.000 Einwohnern bestehen, die des Typs B aus 20.000 bis 30.000 Einwohnern. Im Wechselspiel zwischen Kreis und Land konkretisierten sich die Pläne. Bereisungen des Kreisgebietes der sogenannten „Köstering-Kommission“, benannt nach dem Gruppenleiter, Ltd. Ministerialrat Heinz Köstering, und Anhörungen der Städte- und Gemeindevertreter sicherten eine möglichst versöhnliche und miteinander abgestimmte Planung. Schlussendlich mündeten die Vorschläge im Mai 1968 in einem endgültigen Neugliederungsvorschlag, der dem Innenminister vorgelegt und auch vom Soester Kreistag befürwortet wurde. Auch die Gemeindevertreter von 81 Gemeinden, die fast 90 % der Kreisbevölkerung repräsentierten, stimmten zu.

Am 01.07.1969 trat dann das „Gesetz zur Neugliederung des Landkreises Soest und von Teilen des Landkreises Beckum“ in Kraft und der Landkreis Soest bestand aus den Gemeinden Möhnesee, Ense, Wickede (Ruhr), Welver, Bad Sassendorf und Lippetal sowie den Städten Soest und Werl.

Ordnungsprinzip „von unten nach oben“

Auch Lippstadt hatte gemäß dem Ordnungsprinzip „von unten nach oben“ die gemeindliche Neugliederung vor der großen Kreisneugliederung umzusetzen. Bis 1974 bildeten die Stadtgemeinden Lippstadt und Geseke, die beiden ehemaligen lippischen Exklaven Lipperode und Cappel und weitere 56 amtsangehörige Gemeinden in den Ämtern Anröchte, Erwitte, Rüthen und Störmede den alten Kreis Lippstadt.

Vor allem in Stadt Lippstadt war u.a. wegen des steigenden Raumbedarfs und fehlender Nahversorgungsbereiche eine Neugliederung wichtig. 1971 ließ Oberkreisdirektor Dr. Schlarmann den „Vorschlag zur Neugliederung der Gemeinden im Kreis Lippstadt“ vorlegen, der aber noch grundlegend von der „Köstering-Kommission“ überarbeitet wurde. So sollten z. B. Verlar, Schwelle und Steinhausen bei Büren bleiben, Bad Westernkotten zu Erwitte, Suttrop und Kallenhardt zu Warstein kommen. Der neue Vorschlag fand größtenteils im Oktober 1972 seine Zustimmung durch den Lippstädter Kreistag.

Neue Großgemeinden entstanden

Mit dem am 08.05.1974 beschlossenen und am 01.01.1975 in Kraft getretenen „Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden und Kreise des Neugliederungsraumes Münster/Hamm (Münster/Hamm-Gesetz) entstanden gleichzeitig mit dem neuen Kreis Soest aus den 60 Gemeinden des Kreises Lippstadt die neuen Großgemeinden Anröchte, Erwitte, Geseke, Lippstadt und Rüthen.

Das 50-jährige Jubiläum des 1975 entstandenen neuen Kreises Soest kann ohne die vorherigen, gemeindlichen Neugliederungen nur schwer betrachtet werden, insbesondere weil die gemeindliche Neugliederung des Altkreises Lippstadt parallel mit der Kreisneugliederung umgesetzt wurde.

Daher ist der Grund des diesjährigen Jubiläums, die Neugliederung in den Altkreisen Soest und Lippstadt, Thema im nächsten Teil der Serie „50 Jahre Kreis Soest“

Weitere Teile der Serie

In der ersten Kreistagssitzung der Wahlperiode 1975 bis 1980 gratuliert Landrat Josef Raulf dem Oberkreisdirektor Rudolf Harling nach dessen einstimmiger Wahl. Foto: Kreisarchiv

Von fliegenden Kommissionen und Entenschnäbeln – die kommunale (Kreis-) Neugliederung vor 50 Jahren

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