Landrätin Irrgang nutzte die Feierstunde, um an den verstorbenen Staatschef der Sowjetunion und Wegbereiter der deutschen Einheit, Michail Gorbatschow, zu erinnern und an Wladimir Putin zu appellieren, das sinnlose Morden in der Ukraine sofort zu beenden. „Dieser Aufruf ist mit der Forderung an Russland verbunden, umgehend zu den gemeinsamen Werten der Vereinten Nationen zurückzukehren und ohne Bedingungen in Verhandlungen einzutreten.“ Unsere Solidarität gelte den Menschen in der Ukraine, die seit mehr als 200 Tagen, die der Krieg schon andauert, um ihr Leben fürchten.
Die Feier zum Tag der Deutschen Einheit hat im Kreis Soest eine lange Tradition: Seit inzwischen 15 Jahren prägen Rednerinnen und Redner, Zeitzeugen und Schülergruppen das Programm der Veranstaltungen. Aus verschiedenen Perspektiven werden die historische Wende und die damit verbundenen menschlichen Schicksale beleuchtet. Aufgrund der Corona-Pandemie konnten die Veranstaltungen in den vergangenen beiden Jahren nicht stattfinden. Umso größer war die Freude, in diesem Jahr wieder an die Tradition anknüpfen zu können.
Und das mit einem Gast, der ein ausgewiesener Experte und Historiker mit dem Schwerpunkt DDR-Forschung ist: Dr. Stefan Wolle, seit 2005 wissenschaftlicher Leiter des DDR Museums Berlin, machte deutlich, dass sich die Menschen im Osten Deutschlands den Herausforderungen der Gegenwart stellen. Gleichzeitig zeigte er auch auf, dass in einigen Bereichen dringender Handlungsbedarf besteht. „Was Ost und West noch trennt – die östlichen Bundesländer zwischen Enttäuschung und Aufbruch“ lautete der Titel seines Vortrags.
Dr. Stefan Wolle unterstrich, dass das Aufbrechen alter Ost-West-Ressentiments, fremdenfeindliche und pro-russische Stimmungen, DDR-Verklärung sowie die Unzufriedenheit über Inflation und Preissteigerungen eine gefährliche Gemengelage ergeben könnten. Die Entwicklung sei gegenwärtig vollkommen offen und fordere viel Besonnenheit und Vertrauen auf die Kraft der Demokratie. Wolle, der in Halle (Saale) geboren wurde, betonte, welch großes Glück es sei, in Freiheit in einem Staat zu leben, mit dem man sich identifizieren könne.
Auch der IGCS-Vorsitzende Dirk Pälmer, Oberst der Reserve, analysierte in seinem Grußwort, ob die Wiedervereinigung gelungen ist oder es nach wie vor Trennendes gibt. Pälmer freute sich sehr über die gute Resonanz auf die Feierstunde: „Es tut gut, nach drei Jahren Corona-bedingtem Aussetzen des Erinnerns und Gedenkens an die wiedererlangte Vereinigung unseres Vaterlandes vor nunmehr 32 Jahren, hier und heute vor Ihnen stehen zu dürfen und ich freue mich, dass Sie so zahlreich erschienen sind. Zeigt es mir doch, dass das Thema deutsche Einheit nach wie vor präsent und aktuell ist.“
Durch die Feierstunde führte Moderator Fregattenkapitän der Reserve Jochen Siering. Den musikalischen Rahmen gestaltete das Trio Jassiko.